Kleindenkmale als Zeitzeugen - wie Arbeit Landschaft verändert

"Ein Gelände, auf dem die Zeit stehen blieb" - der ehemalige Truppenübungsplatz in Münsingen

Natur und Kulturlandschaft wie vor 100 Jahren: Ende des 19. Jahrhunderts wurde für das XIII. Königlich Württembergische Armeekorps ein Übungsgelände gesucht, das modernen kriegstechnischen Anforderungen genügen sollte. Fündig wurde man in dem kaum besiedelten Münsinger Hardt: Von 1895 bis 2005 bestand dort der Truppenübungsplatz Münsingen. Geblieben ist heute die Gefährdung durch Munitionsreste, aber auch ein Gebiet mit etwa 6700 Hektar, welches von Siedlungen, Straßenbau, Flurbereinigung und intensiver Landwirtschaft weitgehend verschont wurde. Durch die intensive Nutzung des Militärs wurde das Gebiet entscheidend geprägt: Neben den Panzern, die Bodenwellen hinterließen und aus denen sich schließlich circa 1.800 feuchte Tümpel als Lebensgrundlage für viele Amphibien und Insekten bildeten, erinnern Grab- und Gedenksteine an Soldaten aus beiden Weltkriegen oder auch an Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene aus der Region. Eine weitere Besonderheit ist das ehemalige Dorf Gruorn: Im Jahr 1939 weitgehend geräumt, erinnern nur noch die Stephanuskirche mit dem angeschlossenen Friedhof und dem Kriegerdenkmal, das Neue Schulhaus (1881) und wenige weitere Grundmauern an das Dorf.

Gedenkstein für die Toten der Légion Étrangère (Fotograf: Christoph Morrisey)

Bunker "Osswald" (Fotograf: Norbert Hermann)


Schürftätigkeit auf der Schwäbischen Alb - der Bohnerzabbau

Der Bohnerzabbau auf der Schwäbischen Alb blickt auf eine lange Tradition zurück. Bereits die Kelten nutzten den begehrten Rohstoff, um Werkzeuge und Waffen zu schmieden. Die meist kleinen Bohnerzkügelchen, die vor Millionen von Jahren bei warm-feuchtem Klima als Verwitterungsprodukte des Gesteins entstanden sind, weisen nämlich einen Eisengehalt von etwa 40% auf. Noch heute zeugen Kleindenkmale von dieser Schürftätigkeit, die sich bis weit in das 19. Jahrhundert hinzog. In Erpfingen und der näheren Umgebung baute man den wertvollen Rohstoff als zusätzliche Verdienstmöglichkeit bereits ab 1822 ab. Nachdem zunächst das oberflächennahe Bohnerz gewonnen werden konnte, entdeckte man darunter einen natürlichen Hohlraum  die Roßberghöhle –, in dem sich eine dicke Schicht des Rohstoffes abgelagert hatte, sodass der Abbau dort weiterbetrieben werden konnte. Die eigentliche Grube lässt sich heute nicht mehr erkennen: Jedoch zeugen Senken und Mulden, aber auch ein Gedenkstein eines Bergmanns, der durch einen herabstürzenden Stein erschlagen wurde, von der ehemaligen Bergmannstätigkeit.

ehemalige Erzgrube in Willmandingen (Fotograf: Sven Heinz)

Gedenkstein eines Bergmanns, der durch einen herabstürzenden Stein erschlagen wurde


Leinenweberei auf der Schwäbischen Alb

Bereits im frühen 19. Jahrhundert war die Arbeit in Textilbetrieben ein wichtiger Nebenerwerb zu den spärlichen Einnahmen aus der Landwirtschaft: Die karge Alblandschaft, die die Landwirtschaft fast unmöglich machte, ließ die für die Textilindustrie notwendigen Produkte Flachs und Schurwolle prächtig gedeihen. Die Folge: Flachsspinnerei und Leinenweberei lösten einen wirtschaftlichen Aufschwung aus. So bestand von etwa 1660 bis 1793 eine Leinwandhandelskompanie mit überregionaler Bedeutung. Am südlichen Ortsrand von Böhringen erinnert am Lauberg das Bleicherhäuschen an die früher auf der Uracher Alb bedeutende Leinenweberei: Zum Schutz des Tuchbleichers wurde dieses 1824 erbaut. Zum „Urhandwerk“ des Webers gehörte auch das Bleichen, bei dem die gewebten Stoffbahnen im Freien ausgespannt und diese durch Einwir-kungen von Sonne und Wind somit weißer und heller wurden. In diesem Kontext entstand auch die Webervorstadt in Bad Urach. Um den angebauten Flachs verarbeiten zu können, ließ Herzog Friedrich I. von Württemberg 1599 vor der Stadtmauer vier Häuserzeilen mit insgesamt 29 Weberhäusern bauen. 

Bleicherhäuschen in Ödenwaldstetten

Webervorstadt Bad Urach


Spezielle Landwirtschaft auf der Schwäbischen Alb - die Schneckensammler und Schafswäscher

Auf der Schwäbischen Alb heißt es im Volksmund, „wachset meh Schtoiner als Grombira“ – auf der Alb wachsen mehr Steine als Kartoffeln: Steiniger Untergrund, wenig Wasser, raues Klima – keine idealen Bedingungen um Landwirtschaft zu betreiben. Deshalb hat die Schwäbische Alb, angepasst an Klima und Böden, ganz spezielle Wirtschaftsformen und Traditionen hervorgebracht. Im 19. und 20. Jahrhundert waren Weinbergschnecken europaweit eine beliebte Fastenspeise und Delikatesse. Die Schwäbische Alb mit ihren kalkhaltigen Böden und vor allem das Lautertal eigneten sich hervorragend für die Schneckenzucht. Gezüchtet wurden die Schnecken in Schneckengärten: Dort wurden sie mit einheimischen Kräutern gemästet, bevor sie bis nach Wien oder Paris verschickten wurden. Die Schafswäschereien in der Großen Lauter können auf eine lange Geschichte zurückblicken: Seit 1818 wurden jedes Frühjahr bis zu 20.000 Huftiere gewaschen und anschließend geschoren. Durch Rampen wurden die Schafe in die Lauter getrieben, wo sie dann von Schafswäschern durchgewaschen wurden.

Schneckenbaste

Schafswäsche an der Lauter