Der Erste Weltkrieg - Daheim und an der Front

Kriegsbeginn 1914

Machtpolitische Rivalitäten und intensives Wettrüsten belasteten die internationalen Beziehungen. Nach der Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers in Sarajevo am 28. Juni 1914 versagten alle Bemühungen um eine Konfliktlösung auf Grund des unversöhnlichen Machtstrebens der europäischen Großmächte.
Ab August 1914 befanden sich die Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn im Krieg gegen die Entente-Staaten Frankreich, Großbritannien und Russland. Der Krieg herrschte nicht nur auf den Schlachtfeldern in Europa, den Kolonien, im Nahen Osten sowie auf hoher See, sondern erstmals auch an der "Heimatfront". Hier litten viele Deutsche schon bald unter Hunger, waren vom zähen Kriegsverlauf enttäuscht und vom Massentöten an der Westfront schockiert. Dort verharrte der Krieg in gigantischen Materialschlachten und zermürbenden Stellungskämpfen.

Waffenstillstand von Compiègne (11. November 1918)

Aufgrund der aussichtslosen Lage an der Westfront und des Zusammenbruchs des verbündeten Bulgarien forderte die Oberste Heeresleitung (OHL) am 29. September 1918 die sofortige Einleitung von Waffenstillstandsverhandlungen. Sowohl Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff als auch Wilhelm Groener wollten die Verantwortung der Armee und der Militärs für die Niederlage abweisen und schufen so die Grundlage für die Dolchstoßlegende.
Die OHL forderte bewusst die Entsendung einer zivilen Waffenstillstandsdelegation, um vor der Öffentlichkeit die Politiker und nicht die OHL für den Waffenstillstand verantwortlich zu machen. Erst nach wochenlangen Vorverhandlungen zwischen der Reichsregierung und US-Präsident Woodrow Wilson und der Verabschiedung der Oktoberreformen begann am 8. November 1918 eine zivile Waffenstillstandsdelegation unter der Führung von Matthias Erzberger die Verhandlungen mit dem alliierten Oberbefehlshaber Ferdinand Foch.
Wesentliche Punkte der alliierten Bedingungen waren der komplette deutsche Rückzug aus den besetzten Gebieten im Westen innerhalb von 15 Tagen und die Besetzung der linksrheinischen Gebiete durch die Alliierten, im Osten forderte die Entente die Annullierung des Friedensschlusses von Brest-Litowsk. Verhandlungen über diese Bedingungen, deren Erfüllung einer offenen Kapitulation gleichkam, lehnte Foch ab.
Erzberger bemühte sich um Rücksprache mit der Regierung in Berlin, erhielt jedoch nur Kontakt zu Hindenburg, der eine Annahme des Waffenstillstands, wenn nötig unter allen Bedingungen, forderte. Am 11. November 1918 unterzeichneten Erzberger und Foch in einem Eisenbahnwaggon im Wald von Compiègne den Waffenstillstand, der noch am selben Tag in Kraft trat.

Unterzeichnung des Waffenstillstandsakommens: Vor dem Tisch der deutsche Staatssekretär Matthias Erzberger.
Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens. Nachkolorierte Photographie aus dem Jahr 1918 (Haus der
Geschichte BW). Hinter dem Tisch von rechts nach links die Franzosen General Maxime Weygand und
Marschall Ferdinand Foch (stehend), die britischen Marineoffiziere Rosslyn Wemyss, George Hope und Jack
Marriott
. Davor stehend die Deutschen: Staatssekretär Matthias Erzberger, Generalmajor Detlof von Winterfeldt.


Von der deutschen Erinnerungskultur beinahe vergessen, beendete eine wichtige Persönlichkeit aus dem heutigen Landkreis Reutlingen mit ihrer Unterschrift unter das Waffenstillstandsabkommen von 1918 den Ersten Weltkrieg:
Matthias Erzberger, der 1875 in Buttenhausen (Münsingen) geboren wurde.

Lebensmittelversorgung

Zählte Deutschland vor dem Krieg noch zu den weltweit größten Importeuren von Agrarprodukten, musste die heimische Landwirtschaft den Nahrungsmittelbedarf durch die Wirtschaftsblockade nach Kriegsbeginn selbst decken. Durch Einberufung von Arbeitskräften zum Kriegsdienst, Remontierung von Pferden, Beschlagnahmung von Arbeitsgeräten und -maschinen sowie einem Mangel an Nitrat für Kunstdünger konnte eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung allerdings kaum gewährleistet werden.
So kam es beispielsweise im Sommer 1916 zu einem Rückgang der Milchablieferung. Von den 36 Ortschaften, von welchen die Stadt Reutlingen damals ihre Milch bezog, wurden statt der notwendigen Menge von täglich 8 000 Litern nur noch 5 400 Liter Milch angeliefert.
Des Weiteren sank im Laufe der Kriegsjahre die Kartoffelernte um 38 % und die Getreideernte um 76 %. Die Situation spitzte sich in der Missernte 1916 zu. Im „Kohlrübenwinter“ 1916/17 brach die Lebensmittel-versorgung in den Städten zeitweise zusammen. Der Tagesbedarf eines Erwachsenen sank von 2 570 Kalorien auf gerade einmal 1 000 Kalorien herab. Dies hatte bis 1918 einen durchschnittlichen Verlust von  20 % des Körpergewichts zur Folge und führte bei hunderttausenden Menschen zum Tod durch Unterernährung.
Zur Überwachung der Lebensmittelversorgung wurde 1914 die Kriegsgetreidegesellschaft, 1915 die Reichskartoffelstelle und 1916 das Kriegsernährungsamt gegründet.

Austausch- und Ersatzmittel

Aufgrund der schwierigen Versorgungslage zählte die Herstellung von Ersatzstoffen zu den großen Leistungen der Kriegswirtschaft. Folgende Tabelle soll dies näher erläutern:

Nahrungsmittel/ Rohstoff Ersatzmittel
Viehfutter Küchenabfälle, Trockenhefe, Brennnessel
Salatöl Wasser und Pflanzenschleim
Eier gelbgefärbte Mehlsorten
Suppengewürze, Brühwürfel

Ersatz aus 92 % Kochsalz, Leimsubstanz und Knochenextrakte mit Zusatz von Gewürzen, Sellerie und Petersilie
Marmelade Gelatine und Wasser mit Farbstoff und Essenzen
Kaffee Ersatz aus gerösteten Blättern und Wurzeln, Asche, Sand und Ton
Brotgetreidemehl


Kartoffelflocken, Hafermehl, Reismehl, Gerstenschrot, Mais-, Sojabohnen-, Erbsen-, Bohnenmehl, fein zerkleinerte Kleie, Rüben, Kastanien, Eicheln, Nüsse, Brennnesseln
Butter Rübenkraut
Salpeter aus der Luft gewonnener Stickstoff
natürlicher Kautschuk synthetischer Gummi
Kupfer und Messing neue Legierungen von Eisen mit Kupfer- und Zinkgehalt
Weißblech verbleites Eisenblech
Schwefel Gewinnung aus Gips
Spiritus Gewinnung aus Abfalllaugen der Zellstoffindustrie, sowie aus Kohle und Kalk
Schmieröle Gewinnung aus Schiefer und animalischen Stoffen
Kamelhaar für Treibriemen, Filzplatten und -dichtungen (U-Boote) ausgekämmtes Frauenhaar


Quellen: KA RT F 06 Nr. 104, Heft 126; Gemeindearchiv Böhringen A 537; Thomas Schnabel: Geschichte von Baden und Württemberg 1900-1952, 2000; Internet



Wo Ersatzstoffe nicht verfügbar waren, verwendete man Austauschmittel:
Nahrungsmittel/ Rohstoff Austauschmittel
Kaffee, Tee und Kakao Milch oder Hafergrütze
Reis-, Linsen-, Erbsen- und Bohnensuppen Gerste-, Gries-, Gemüse-, Kartoffel-, Brenn-, Gerstenflocken- und Haferflockensuppen
Weißbrot Roggenbrot (aus 98 prozentigem "Kriegsmehl" gebacken)
Jute Zellulose
Baumwolle Brennnesselfasern, Schilffasern, Papiergarn
Gummiisolierung Papierisolierung
Zinn Zink und Blei
Kuperisolierungen Hartpapier und Hartholz
lederne Schuhsohle Holzsohle
Zink und Eisen Aluminium
Nickelblechgeschirr Eisenblechgeschirr
Quellen: KA RT F 06 Nr. 104, Heft 126; Gemeindearchiv Böhringen A 537; Thomas Schnabel: Geschichte von Baden und Württemberg 1900-1952, 2000; Internet

Der Krieg an der „Heimatfront“

Als der Erste Weltkrieg 1914 ausbrach, gingen die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft davon aus, dass er, wie die vorhergehenden Kriege 1866 und 1870/71, nur von kurzer Dauer sein würde. Daher sah man die Ernährungssituation vorerst als ungefährdet an. Dies sollte sich jedoch bald schon ändern. Mit der steigenden Produktion von Waffen und Munition in der Industrie und den Engpässen in der Ernährungswirtschaft durch die britische Seeblockade waren die einzelnen Verwaltungen vor Ort schnell überfordert. Durch verschiedene staatliche Maßnahmen wurde versucht, den Problemen entgegenzusteuern.
Im Laufe des Krieges verfolgte die deutsche Kriegswirtschaft vier grundlegende Ziele:
1) Produktion von ausreichend Munition, Waffen und Kriegsausrüstung
2) Aufteilung der Arbeitskräfte bzw. wehrfähigen Männer zwischen Heer und Wirtschaft
3) Sicherstellung der Nahrungsmittel- und Rohstoffversorgung trotz Wirtschaftsblockade
4) Erhaltung des sozialen Friedens zwischen Unternehmen, Arbeitern und dem kriegführenden Staat


Der Truppenübungsplatz Münsingen

Der Truppenübungsplatz Münsingen diente seit Kriegsbeginn 1914 erstmals zur Stationierung und Formierung von Kriegsersatzeinheiten und deren kurzfristiger Ausbildung. Zudem wurden hier Kriegsgefangene untergebracht. Die Kapazitäten des Lagers waren bald erschöpft, so dass man neue Unterkünfte errichtete. Im Februar 1915 wurde das „Lager Gänsewag“  fertiggestellt, in das 4.000 Kriegsgefangene einzogen. Die Gefangenen mussten verschiedene Arbeiten wie Wege- und Barackenbau verrichten und wurden auch zu landwirtschaftlichen und gewerblichen Tätigkeiten außerhalb des Lagers eingesetzt. Im Frühjahr 1915 begannen die Arbeiten für das „Neue Lager“ am Stadtrand von Münsingen. Dieses war ursprünglich ebenfalls für die Unterbringung von Kriegsgefangenen vorgesehen, die 38 Holzbaracken wurden aber wegen Unterkunftsmangel von deutschen Truppen bezogen. Als letzten Neubau während des Krieges errichtete das Militärbauamt 1916 das „Lager Feldstetten“, wo wiederum deutsche Ersatztruppen einrückten. 1916 war mit 15.000 Mann und 4.000 Pferden der höchste Belegungsstand des Truppenübungsplatzes während des Krieges erreicht. Neue Ausbildungseinrichtungen entstanden, die den Erfahrungen des Grabenkampfes Rechnung trugen, wie Handgranatenwurfplätze, eine Hindernisbahn und ein Übungsgraben. Auch Schieß- und Exerzierfelder wurden platzsparender sowie maschinengewehrtauglich umgestaltet.
Die hohe Belegung des Lagers forderte Opfer: Kriegsgefangene und Soldaten starben an epidemischen Krankheiten wie Typhus, Grippe und Ruhr.
Nach Kriegsende war der Truppenübungsplatz Durchgangslager für heimkehrende Soldaten. 1919 endete die württembergische Zuständigkeit für den Truppenübungsplatz Münsingen, die Militärhoheit ging auf die Reichsregierung über.

Feldpostkarte vom Truppenübungsplatz Münsingen, versandt 1915 (KART S 06 Nr. 1199)

Feldpostkarte vom Truppenübungsplatz Münsingen versandt im Jahr 1915
„Münsingen, den 28/3 15.
Mein lieber Kamerad Müller! Noch einen Kartengruß von schwäbisch Sibirien.
Heute schneit es den ganzen Tag. In diesen 5 Wochen ist mancher Schweißtropfen gefloßen trotz russischer Kälte. Hier sind ungefähr 8000 Gefangene (3500 Franzosen und 4500 Russen). Das Leben
ist hier sehr teuer und schrecklich langweilig.[...]“

Der Soldat als "Held" an der Front

Der Erste Weltkrieg gilt weithin als der erste moderne, industrialisierte Krieg. Er unterscheidet sich von vorhergehenden Kriegen dadurch, dass erstmalig, durch Einsatz von Industrie und Wissenschaft, im großen Stil neue Waffen und Technologien zum Einsatz kamen. Viele neue Erfindungen (zum Beispiel chemische Waffen, Panzerwagen) beziehungsweise die Weiterentwicklung und Perfektionierung bereits vorhandener Erfindungen (zum Beispiel Luftwaffe, Bomber, Sprechfunk bzw. Funkentelegrafie, Maschinengewehr) führten zu neuen Kampfformen, wie beispielsweise Giftgasangriffen oder den zermürbenden Stellungskriegen in den Schützengräben.
In der Heimat wurde der Krieg durch massive Propaganda zu einem wichtigen Werbeträger stilisiert. Dem Vaterland galt es Hab und Gut zu opfern und der Soldat an der Front wurde zum Helden verklärt. Doch die Realität im Schützengraben war viel brutaler, als es sich die Angehörigen in der Heimat je vorstellen konnten. Durch beispiellose Materialschlachten zeigte dieser Krieg ein neues, grausames Gesicht mit völlig zerstörten und unbewohnbar gewordenen Landstrichen sowie massenhaftem Tod und zahlreichen Verstümmelungen der kämpfenden Soldaten durch Artilleriefeuer, Bombenexplosionen, Minen und Giftgasangriffen.
Insgesamt kämpften von 1914 - 1918 ca. 13,25 Millionen Männer in deutscher Uniform, was in etwa einem Fünftel der Gesamtbevölkerung des Kaiserreichs und  85 % der Männer im wehrfähigen Alter zwischen 17 und 50 Jahren ausmachte.

Studioaufnahme Bernhard Hetterich als Musketier des Reserve Infanterie-Regiment, 1914
Die abgebildete Uniform bestand aus der feldgrauen Hose samt einreihig geknöpftem Waffenrock, Leibriemen mit Koppelschloss M1895 aus naturfarbenem Leder, links und rechts des Koppelschlosses je eine naturlederfarbene Patronentascheneinheit M1909 mit je drei solitär gearbeiteten Taschen auf das Koppel gezogen, aufgeschnalltem Tornister, weißer Säbeltroddel an der Seiten-gewehrtasche, fast kniehohen preußischen Marschstiefeln M1866 (auch Knobel-becher genannt), Mauser-Gewehr 1898 (Kaliber 7,92 mm) mit aufgepflanztem Bajonett M 1898 sowie Pickelhaube mit beigefarbenem Helmüberzug und mit der in rotem Stoff aufgenähten Regimentsnummer.

Im Schützengraben

An der Westfront kam es durch den Stellungskrieg zu einem komplexen System aus Lauf- und Schützengräben, deren Abstand voneinander je nach Frontabschnitt bei ungefähr 100 bis 250 Metern lag. Manchmal konnten es auch nur 25 Meter oder noch weniger sein. Der Bereich zwischen zwei feindlichen Gräben wurde „Niemandsland“ genannt.
Im Stellungskrieg wechselten sich kurze, mörderische Angriffsphasen mit langen Ruhepausen ab, die endlose Tage mit immer gleichen Tätigkeiten mit sich brachten. Die Soldaten waren müde und maßlos erschöpft. Der Tod begleitete sie auf Schritt und Tritt, so dass viele den psychischen und physischen Belastungen nicht mehr gewachsen waren.
Die hygienischen Verhältnisse in den engen, kalten und feuchten Gräben waren katastrophal. Der unerträgliche Geruch von ungewaschenen Körpern und Exkrementen, vermischt mit dem bestialischen Gestank verwesender Leichen, drang den Soldaten permanent in die Nase. Ratten, die durch nicht geborgene Kriegsgefallene zwischen den Gräben  angezogen wurden, waren überall und fraßen einem die karge Ration buchstäblich aus der Hand. Viele Soldaten litten zudem an Parasiten. Wer nicht durch das feindliche Artilleriefeuer starb, den rafften Typhus, Ruhr und Cholera dahin.
Musketier Bernhard mit Kriegskameraden vor einem Unterstand im Schützengraben

Feldpost

Die deutsche Feldpost diente als einziger Kontakt zwischen der Heimat und den Soldaten an der Front. 14 000 Beamte bei insgesamt 23 Feldpostsammelstellen bearbeiteten täglich nahezu 16 Millionen Briefe und Karten (das Vierzigfache der deutschen Feldpost 1870/71). Zur Beförderung von 59 000 Feldpostbriefsäcken, die täglich ins Feld gingen, dienten unter anderem 1 200 Feldpostkraftwagen, die täglich mit 1,5 Millionen Kilogramm Briefpost belastet wurden.
Die Feldpost half den Soldaten, das Erlebte verarbeiten zu können. Inhaltlich enthalten die Briefe und Karten meist Beschreibungen vom Kriegsgeschehen und vom Alltag an der Front, Dank für erhaltene Gaben und Bitten um Zusendung von dringend benötigten Dingen, banges Hoffen um die Gesundheit von Verwandten und Bekannten oder auch Bitten um rasche Antwort auf das Geschriebene.

Sanitätswesen

Neben dem Sanitätspersonal aus den Mannschaftsdienstgraden und dem Sanitätsoffizierskorps des deutschen Heeres stellte das Rote Kreuz einen Großteil des Heeressanitätsdienstes. Die Erstversorgung der verwundeten Soldaten fand im schusssicheren Sanitätsunterstand an der unmittelbaren Front statt. Vom bombensicheren Regimentssanitätsunterstand, etwa zwei bis drei Kilometer hinter der Front, ging es zum Hauptverbandsplatz und von dort weiter zu einem von insgesamt 592 Feldlazaretten. Verwundete, die eine längerfristige medizinische Versorgung benötigten, wurden  mit Lazarettzügen in die heimatlichen Lazarette transportiert, wo sie vielfach von freiwilligen Hilfsorganisationen weiterbetreut wurden.

Gruppenaufnahme verwundeter Soldaten und medizinischem Pflegepersonal im Reservelazarett Celle
Musektier Bernhard Hetterich (letzte Reihe, 2. von links) wurde am rechten Auge verwundet und trug später zeitlebens ein Glasauge.
Verwundete Soldaten im Lazarett
Durch die Morphium Knappheit suchten viele Verwundete Trost in der Zigarette, die helfen sollte, die Schmerzen zu lindern sowie den Hunger zu unterdrücken.

Kriegsgedenken – Von Opfern und Helden

Der Erste Weltkrieg hatte in Deutschland rund 2 Millionen Soldaten das Leben gekostet, davon stammten über 70.000 aus dem Königreich Württemberg. Insgesamt hatten eine halbe Million Württemberger am Ersten Weltkrieg teilgenommen, das entsprach über 40 Prozent der damaligen männlichen Bevölkerung.
Nach der Niederlage des Ersten Weltkriegs war ein bezeichnender Zug der politischen Kultur ein Toten- bzw. Gefallenenkult, der sich mit einem bis weit in die politische Linke hinein selbstverständlichen Nationalismus – in der Sprache der Zeit einer „vaterländischen Gesinnung“ – verband. Die Erinnerung an die Kriegstoten wurde dazu benutzt, den Tod der Soldaten nachträglich zu legitimieren und die konkrete Art ihres Sterbens zu verdrängen. Das Leid der Hinterbliebenen sollte indirekt gerechtfertigt werden – in einer Zeit, in der viele gesellschaftliche Gruppierungen schwer am Siegerdiktat der alleinigen Kriegsschuld Deutschlands trugen und die Revision des Versailler Vertrags forderten. Dankbarkeit gegenüber den Kriegstoten wurde zur Pflicht gemacht, die Gefallenen sollten der Nachwelt als Vorbilder dienen.
In ausführlichen biographischen Darstellungen, sogenannten „Ehrenbüchern“, erinnerte man an die Weltkriegsteilnehmer. Fast jede Gemeinde errichtete zudem  ein Denkmal für ihre im Krieg gefallenen Soldaten – oft in Kirchen oder an deren Fassade, standen diese in der Regel doch an zentralen Plätzen der Öffentlichkeit. Bei den Kriegerdenkmälern nach 1918 fand dabei die namentliche Erwähnung sämtlicher Gefallener auf den Erinnerungsmalen massenhafte Verbreitung.

Foto des Gefallenendenkmals in Tigerfeld, 2012
Im Dezember 1920 beschlossen die Gemeinderäte von Tigerfeld und Aichstetten, ein gemeinsames Denkmal für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen zu errichten. Das Denkmal wurde nach einem Entwurf des Bildhauers August Knaus, Riedlingen, 1921 an der südlichen Kirchenmauer der St. Stefanuskirche angebracht. Es zeigt in einem Hochrelief eine Schutzmantelmadonna und zwei kniende Soldaten sowie darunter eine Tafel mit den Namen der Toten und der Inschrift „Ihren im Weltkrieg 1914-1918 gefallenen Heldensöhnen gewidmet von den dankbaren Gemeinden Tigerfeld/ Aichstetten“.
Die beiden links und rechts angebrachten Tafeln listen die Namen der Gefallenen des Zweiten Weltkriegs in Tigerfeld und Aichstetten auf. Sie wurden 1968 von dem in Tigerfeld geborenen Bildhauer Adolf Schmid geschaffen. Generell ist festzuhalten, dass Namenstafeln für die Toten des Zweiten Weltkriegs auf eine Bewertung des Krieges und jegliche den Krieg verherrlichende Symbolik verzichten.