Georg Eberhard Volz

Biographie

Zur Person

29. Januar 1881 
geboren in Grafeneck, Gomadingen

18.06.1908
Heirat mit Anna Volz, geborene Schrade

03.12.1908
Geburt des Sohnes Georg Eberhard Volz

13.12.1910
Geburt der Tochter Hedwig Anna Volz

01.05.1912
Geburt der Tochter Martha Agnes Volz

Lehrerlaufbahn

anfangs Aspirant, d.h. Anwärter bei der Volkschule

1896-1901
zweistufige Ausbildung beim Lehrerseminar, Nagold

1901-1908
angestellter Lehrer; acht wechselnde Lehrstellen, zuletzt Oßweil

1908
verbeamteter Lehrer, Kleinengstingen

Wehrdienstlaufbahn

1902-1903
Infanterie-Regiment Nr. 180 als Einjährig-Freiwilliger
Beförderung zum Gefreiten und dann Unteroffizieranwärter

1906
militärische Übung
Beförderung zum Unteroffizier (niedriger Unteroffizier)

Erster Weltkrieg

01. August 1914 
Kriegsausbruch: Einberufung als Unteroffizier

August 1914 - September 1914
Bahnwache Rottenburg

September 1914 - Oktober 1914
Landsturm-Infanterie-Bataillon Rottweil (51. Brigade)
Beförderung zum Sergeant (niedriger Unteroffizier)

Oktober 1914 - März 1915
Landsturm-Infanterie-Bataillon II Ludwigsburg (52. Brigade)
Beförderung zum Vizefeldwebel (höherer Unteroffizier mit Portepee) und dann Offizieranwärter

März 1915 - 02. Oktober 1915
9. Kompanie vom 3. Bataillon vom preußischen Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 71 (RIR 71)
Beförderung zum Offizierstellvertreter und dann Leutnant (niedriger Offizier)

Aus dem Leben eines Soldaten im Ersten Weltkrieg

Georg Eberhard Volz wurde am 29. Januar 1881 in Grafeneck als Sohn eines Forstwächters geboren. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte er eine insgesamt dreistufige Ausbildung zum Lehrer und schloss die erste Dienstprüfung 1901 ab. In der Zeit als unanständiger, das heißt angestellter Lehrer, verfasste er Arbeiten über seine Erfahrungen mit körperlich, geistig und sittlich eingeschränkten Kindern, den historischen Hintergrund des 1871 gegründeten Deutschen Reiches und die Pädagogik von Johann Fridrich Herbart.

Zeitgleich leistete Georg Volz 1902-1903 seine Wehrpflicht ab. Aufgrund seines Bildungsabschlusses auf Niveau der Mittleren Reife und der finanziellen Unterstützung seines Vaters konnte er als Einjährig-Freiwilliger dienen, dessen aktiver Wehrdienst nur ein statt drei Jahre betrug und der zur Offizierslaufbahn bevorzugt wurde. Allerdings mussten im Gegenzug die Ausrüstung, Kleidung und Unterkunft des Soldaten selbst gezahlt werden.

Die zweite Dienstprüfung schloss Georg Volz 1907 ab und erhielt 1908 schließlich die Stelle als verbeamteter Volksschullehrer in Kleinengstingen, dazu spielte er auch als Organist. Im selben Jahr heiratete er Anna Volz, geborene Schrade. Privat war er in verschiedenen Vereinen tätig, interessierte sich für die Natur und Tiere, notierte Zeitgeschehen und ging gelegentlich auf größere Reisen. Nach Rückkehr von einer Reise an die Nordsee im Sommer 1914 wurde Georg Volz am Tag des Ausbruchs des Erstes Weltkriegs am 01. August 1914 zum Heer einberufen.

Es sind zahlreiche seiner Feldpostkarten und -briefe an die Familie und Schüler sowie einige Fotos erhalten durch die er Kontakt hielt wenn er nicht auf Heimaturlaub war. Zunächst ging es im August 1914 für den Unteroffizier Volz über Tübingen nach Rottenburg zur Eisenbahnwache; in einem Brief drückt er Ungewissheit und Vorfreude aus und versichert sein Wohlbefinden: "Hier verbleibe ich 10-14 Tage. Wohin es dann geht, das weiß nur Gott im Himmel, jedenfalls [das schwäbische 'wahrscheinlich'] ins Feld in die Lücken. Ich würde mich freuen. [...] Ich bin gesund und meine Füße schmiere ich auch. Auch das Quartier ist gut." [1] Der Wachdienst in Rottenburg war wohl sehr gemächlich: "Auch ich habe ja hier ein Leben, wie wenn überall tiefster Friede wäre." [2]

Im September 1914 wurde Georg Volz zur 5. Kompanie vom Landsturm-Bataillon Rottweil versetzt, wo er hauptsächlich wieder Wachdienst versah, dessen er aber langsam überdrüssig wurde: "Ich wollte auch nicht mehr auf Wache. Aber alles Melden half mir diesmal nichts. 8-14 Tage bleibe ich nun schließlich da, aber dann melde ich mich doch wieder zurück in die 2. oder 3. Kompanie, damit ich mehr Aussicht habe zum Fortkommen." [3]

Gegen Ende Oktober 1914 wurde Volz zum Sergeant befördert und zum Landsturm-Bataillon II Ludwigburg versetzt, mit dem er im November tatsächlich nach Frankreich in das Kriegsgebiet aufbrach. Im Abschiedsbrief an seine Frau Anna schreibt er unter anderem: "Du schreibst, du seist enttäuscht gewesen des kurzen Abschieds. Bei mir lag die Absicht darin, es ist für dich so leichter gewesen. [...] Ich habe mich herzlich gefreut, dich noch einmal in die Arme schließen zu dürfen, ehe es ins Fels geht." [4]
Georg Volz wurde weiter zum Vizefeldwebel, ein höherer Unteroffiziersdienstgrad, befördert und durfte daher einen Degen mit Quaste, das sogenannte Portepee, Revolver und ein neues Mützenabzeichen führen. Die neue Ausstattung musste er aber selber kaufen. [5]

Über Belgien ging es für Georg Volz nach Frankreich, zunächst in das deutsch besetzte Hinterland des Kriegsgebietes, die sogenannte Etappe, wo er in Fourmies und Couplevoie wieder Wachaufgaben versah. Hier hält er nun auch seine ersten Eindrücke der Kriegshandlungen fest: "Bösartiges konnte ich bisher [unter den Franzosen] nicht entdecken. Aber vielfach arm und hungrig, die Reichen fort, ihre Villen von den ersten durchziehenden [deutschen] Truppen, vielleicht auch von Franzosen wüst zerstört. Du kannst dir gar keinen Begriff machen von diesen Folgen des Kriegs. Für vieles alles, alles hin". [6] Selbst sehnte sich Volz nach einem richtigen Einsatz: "Ich ginge jetzt am liebsten an die Front und würde helfen, die Schützengräben zu füllen und knallen." [7]

Dieses stand ab März 1915 an, als Georg Volz endgültig zum preußischen Reserve-Infanterie Regiment Nr. 71 (RIR 71) an die Front bei Nouvron versetzt wurde. Den eiligen Brief vor der Abreise an die Familie beendet er enthusiastisch mit: "Ich lebe und kämpfe zu Eurem und des Vaterlandes Wohl. Euer Vater. Auf Wiedersehen!" [8] Sein gefährliches Eintreffen im Schützengraben schildert er ausführlich: "Er [der Weg] führte zuerst durch eine Schlucht zum Dorfe Vezaponin, das im Feuerbereich der französischen Artillerie liegt [...]. Ich durchschritt es raschen einem bewaldeten Abhang zu; hinter dessen Höhe ist der Weg bei Tag überhaupt nicht und bei Nacht nur unter Lebensgefahr zu begehen. [...] Posten weisen mir den Weg, mich überall wegen meiner blauen Uniform anhaltend [...] unter Krachen und Platzen von Bomben und Granaten bei flackerndem Kerzenschein [schreibe ich] etwa 30 Meter unter dem Boden diesen Brief. [...] Angst gibts da vorne keine [...]. Wir liegen zum Teil nur 30 Meter von den Franzosen entfernt [...]. [9]" [10]

Sein Überleben im mörderischen Stellungskrieg beschrieb Volz regelrecht lapidar: "Einen schönen Anblick gewähren nachts die Leuchtkugeln und Leuchtraketen. Aber da heißt es dann: Kopf weg! Trotz der oft unmäßig vielen Schießerei kommt eigentlich wenig vor, täglich im Bataillon vielleicht 4 Verwundete und 1-2 Tote. Letztere sind in Nouvron in einem hübschen Friedhof zur letzten Ruhe bestattet [...]." [11] Später schickte er seiner Frau Anna von der Front wohl sogar zusammen mit einem Blumenstrauß die Überreste eines französischen Schrapnells, also einer mit kleineren Metallkugeln gefüllte Artilleriegranate, das ihn beim Blumenpflücken beinahe getötet hätte. [12]

Auch versicherte Georg Volz weiterhin sein Wohlbefinden an der Front, aber mit leicht ernsterem Unterton: "Mir geht's gut und gesund. Im rechten Bein etwas Rheumatismus und immer noch kalt. Bin auch immer noch recht da, lieber als in der Etappe trotz der vielen Unannehmlichkeiten. Mit meinen Leuten schaffe ich es bis jetzt leicht." [13] Dazu drückte er immer stärker die Sehnsucht nach seiner Familie aus: "Heute Nacht träumte mir, ich ging mit dir [Anna] und Hedwig durch den Schützengraben und Hedwig war so müde und wollte nicht gehen. Ich habe sie dann getragen. [...] Das feindliche Feuer konnte uns nichts anhaben." [14]

Mit der Zeit resignierte Volz doch spürbar: "Im Übrigen geht's mir gut in diesen gefährlichen Zeitläufen. Ich bin jedesmal froh, wenn ich meine Bataillons-Runde hinter mir haben. Nicht aus Feigheit! Ei bewahre! Aber im Graben mich mir nichts dir nichts abmurksen lassen, das behagt mir nicht." [15] Entsprechend erleichtert klingt er nach dem vorübergehenden Abrücken: "Das Dorf [Selens] hier liegt in tiefsten Frieden. Wir Soldaten wissen das zu schätzen, besser als alle, die zuhause sind und das Kriegsgetümmel nicht gesehen und erlebt haben." [16]

Anfang September 1915 wurde Georg Volz noch zum Leutnant der Landwehr, also zu einem niedrigen Offizier, befördert. Sein letzter Brief klingt dramatisch: "Hier sieht es bös aus. [...] Ich liege in der Champagne. In Stellung heute zwischen Leichen. Und wie die entstellt sind. [...] Mir geht es immer noch gut und freue mich recht meines deutschen Weibes und meiner Kinder. Ihr macht mich stark." [17] Am 02. Oktober wurde Georg Volz von einer Granate getötet. [18]

[1] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 44; Volz, Georg: Brief vom XX.XX.1914.
[2] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 45; Volz, Georg: Brief vom 18.08.1914.
[3] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 48-50; Volz, Georg: Brief vom 29.09.1914.
[4] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 52; Volz, Georg: Brief vom 03.11.1914.
[5] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 52-54; Volz, Georg: Brief vom 12.11.1914.
[6] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 60-63; Volz, Georg: Brief vom 20.11.1914.
[7] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 69-70; Volz, Georg: Brief vom 11.01.1915.
[8] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 70; Volz, Georg: Brief vom 10.03.1915.
[9] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 77; Volz, Georg: Brief vom 13.03.1915.
[10] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 79-81; Volz, Georg: Brief vom 16.03.1915; Volz trug anfangs wohl noch vom Landsturm seine blaue Uniform und die Franzosen trugen ebenfalls blaue Uniformen, spätere Fotos zeigen Volz beim RIR 71 dann in feldgrauer Uniform.
[11] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 85; Volz, Georg: Brief vom 19.03.1915.
[12] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 88-86; Volz, Georg: Brief vom 21.03.1915
[13] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 89; Volz, Georg: Brief vom 09.04.1915.
[14] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 91; Volz, Georg: Brief vom 15.04.1915.
[15] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 101; Volz, Georg: Brief vom 06.07.1915.
[16] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 103; Volz, Georg: Brief vom 22.07.1915.
[17] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 129; Volz, Georg: Brief vom 01.10.1915.
[18] Volz, Georg Eberhard: Aus dem Leben meines Vaters, S. 129, 135; entsprechend aufgeführt ist Leutnant der Landwehr Georg Volz in Ließ, Hermann (Bearbeiter): Das Res.-Infanterie-Regiment Nr. 71 im Weltkriege 1914-1918, Erinnerungsblätter deutscher Regimenter, Berlin 1925, S. 244, 247ff.


(Daniel Schierbaum)