1918 - Bewältigung der "Normalität"

Das Jahr 1918

8. Januar: Präsident Wilson legt sein Vierzehn-Punkte-Programm zur Herbeiführung eines allgemeinen Friedens vor

3. März: Unterzeichnung des Friedens von Brest-Litowsk: Russland tritt Polen, die baltischen Staaten, Finnland und die Ukraine ab

21. März: Beginn der deutschen Frühjahrsoffensiven an der Westfront (bis Mitte Juli; Michael-Offensive bis 5. April)

27. Mai: deutsche Offensive am Chemin des Dames (Aisne): Durchbruch bis zur Marne (30. Mai)

16./ 17. Juli: deutsche Offensive an der Marne

3. Oktober: Bildung einer parlamentarischen Regierung unter Prinz Max von Baden. Er ersucht die Alliierten um einen Waffenstillstand auf der Grundlage der Vierzehn Punkte (4./ 5. Oktober)

27. Oktober: Österreich-Ungarn bietet den Alliierten Waffenstillstand und einen Sonderfrieden an

31. Oktober: Unterzeichnung eines Waffenstillstand zwischen der Entente und dem Osmanischen Reich

3. November: Matrosenaufstand in Kiel. Arbeiter- und Soldatenräte übernehmen die Macht (4. November). Waffenstillstand zwischen Österreich-Ungarn und der Entente

8. November: Beginn der Waffenstillstandsverhandlungen in Compiègne

9. November: Abdankung Wilhelms II. Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann und kurz darauf ("Sozialistische Republik") durch Karl Liebknecht in Berlin. Friedrich Ebert (SPD) wird Vorsitzender des Rates der Volksbeauftragten (10. November)

11. November: Matthias Erzberger (Zentrum) unterzeichnet für das Deutsche Reich den Waffenstillstandsvertrag im Wald von Compiègne

Matthias Erzberger

20. September 1875 geboren in Buttenhausen als Sohn des Schneiders und Postboten Josef Erzberger und dessen Frau Katharina

1894 Abschluss der Ausbildung zum Volksschullehrer in Saulgau

1896 Redakteur bei der katholischen Zeitung "Deutsches Volksblatt" in Stuttgart

1900 Heirat der Kaufmannstochter Paula Eberhard in Rottenburg

1903 Wahl zum Reichstagsabgeordneten der Zentrumspartei

1918 Staatssekretär im Kabinett Max von Badens. Am 6. November übernimmt er die Leitung der Waffenstillstandskommission. Am 11. November unterzeichnet er das Waffenstillstandsabkommen in Compiègne

1919 - 1920 Reichsminister zunächst für Waffenstillstandsfragen, dann Finanzminister

26. August 1921 wird er bei Bad Griesbach durch zwei ehemalige Marineoffiziere ermordet

Matthias Erzberger, 1919 (Bundesarchiv Bild 146-1989-072-16)

Erzberger - von Theobald Tiger (Kurt Tucholsky)

Du guter Mond aus Buttenhausen!
Du leuchtest durch den Wolkenflor.
Wenn auch die bösen Stürme brausen –
sanft strahlt dein mildes Rund empor.
Und ob der ganze Schnee verbrennt,
ob uns ein leiser Zephir fächelt –
wie immer auch das Firmament:
 Mathias lächelt.
 
Was hattest du im Krieg zu schuften!
Du reistest in und aus der Schweiz.
Tät wo ein kleines Stänklein duften,
du, Lieber, wußtest es bereits.
Gewiß, du hastn den Zimt erkannt,
hast Tirpitz wacker durchgehechelt …
Ein Trost blieb uns im Weltenbrand:
 Mathias lächelt.
 
Was bist du alles schon gewesen!
Ein wilder Weltannexionist
(man kann es leider heut noch lesen),
dann, als es schif ging, Pazifist …
Man sah dich stets mit wem paktieren,
du machtest dich dem Reich bezahlt …
Wir wußten: Uns kann nichts passieren –
 Mathias strahlt.
 
Du sanft Gestirn stehst nun am Himmel
und – leider Gottes! – im Zenith.
Gewiß, due bist in dem Gewimmel
der schlimmste nicht, den man da sieht.
Die Sterne in der hohen Halle,
die übler Kriegsgewinst geeibt,
du überstrahlt sie alle, alle - -
 Mathias grinst.
 Und Deutschland weint.

Die Nahrungsversorgung am Beispiel der Kartoffel

Im Ersten Weltkrieg war die Kartoffel ein Hauptnahrungsmittel der deutschen Bevölkerung.
Durch die früh einsetzende Rationierung von Getreideprodukten und das fast völlig fehlende Angebot an Fleisch- und Wurstwaren war der Kartoffelverbrauch schon Anfang des Jahres 1916 auf das zweieinhalbfache des Vorkriegsniveaus gestiegen.
Die kurz zuvor gegründete Reichskartoffelstelle überließ die Organisation der Versorgung aber weiter den Kommunalverbänden wie dem „Kommunalen Verbund Riedlingen“. Diese gaben zwar Bezugsscheine für Kartoffeln aus, doch die Verbraucher in den Städten mussten sich die Kartoffeln bei den Landwirten des jeweiligen Kreises selbst besorgen, was bei dem damaligen Grad der Mobilität und den meist völlig fehlenden Transportmitteln nahezu unmöglich war.
Für das Wirtschaftsjahr 1917/18 errechnete die Reichskartoffelstelle einen Bedarf von 34 Millionen Tonnen Kartoffeln. Der von der Reichskartoffelstelle errechnete Mindestbedarf der Bevölkerung an Kartoffeln konnte im vierten Kriegsjahr jedoch nur zu rund 80 Prozent gedeckt werden.