Franziskanerkloster Reutlingen

Stadt Reutlingen

Die ersten Reutlinger Franziskanermönche kamen vielleicht um das Jahr 1250 aus Pfullingen. Chroniken des Franziskanerordens nennen das Jahr 1259 als Weihedatum ihrer Reutlinger Kirche, während der Konvent erstmals 1273 urkundlich erwähnt wird. 1279, nachdem das Kloster mit Kirche und Friedhof fertiggestellt wurde, tagte hier zum ersten Mal das Kapitel der Straßburger Ordensprovinz der Franziskaner. Neben Betteleinnahmen und Almosen hatte das Kloster vor allem Einkünfte aus umfangreichen Seelgerät- und Jahrtagsstiftungen der Reutlinger Bürger und des benachbarten Landadels. Unter anderem aus diesen Gründen wuchs bis Mitte des 15. Jahrhunderts der Klosterbesitz derart, dass er im Widerspruch zum franziskanischen Armutsideal stand und sich die Klarissen in Pfullingen, die zur strenger Observanz der Ordensregel zurückkehrten, daraufhin der geistlichen Betreuung durch die Reutlinger Franziskaner entzogen. 1522, am Vorabend der Reformation, erschien der Konvent mit seinen 40 Mönchen gefestigt. Jedoch verließen bis zur Abschaffung der Messe im Jahr 1526 mehrere Franziskaner das Haus, verheirateten sich oder wurden evangelische Pfarrer, bis 1535 der letzte Guardian das Kloster an die Stadt verkaufte.
Das Kloster bot als kirchliches Asyl hauptsächlich Reutlinger Bürgern eine Zuflucht, die im Stadtgebiet einen ungewollten Totschlag begangen hatten und denen somit das städtische Asyl verwehrt war. 1533 – zwei Jahre vor der Übergabe des Klosters an die Stadt – wurde dies noch durch eine „gemeine Umfrag“ bei den Zünften ausdrücklich bestätigt.
Jahreszahlen über den Eingängen auf der Süd- und Ostseite weisen auf zahlreiche Umbauten in der Reformationszeit hin, nach denen der Bau als Spital diente. 1802/03 ging er in den Besitz Württembergs über und wurde Oberamtei, Kaserne sowie Wohnsitz des Regierungspräsidenten. Heute ist der staatliche Gebäudekomplex, noch immer eines der größten Fachwerkgebäude Württembergs, wieder im Besitz der Stadt. Diese unterhält dort das Friedrich-List-Gymnasium.