Edgar Braig

Künstlerportrait: Edgar Braig (Myway Film UG)

Edgar Braig, Foxtrot (2020)
Edgar Braig, Foxtrot (2020)

Biographie

1956
geboren in Ehingen/ Donau

1977 - 1982
Studium an der Kunstakademie Karlsruhe
Kunstgeschichtsstudium, Universität Karlsruhe

seit 1985
Atelier in Münsingen

seit 1986
entwirft und fertigt Edgar Braig Dekorationen, Bühnenbilder und Kostüme für diverse Musicals, Theater- und Tanzproduktionen, schreibt Texte und Gedichte und arbeitet an Broschüren und Büchern mit.

Edgar Braig, Fragment (2006)
Edgar Braig, Fragment (2006)

Künstlerisches Konzept

"Die Dinge finden mich", sagt Edgar Braig über die Materialien, aus denen er seine Objekte baut. In Bauschuttcontainern, auf dem Flohmarkt oder bei Sperrmüllsammlungen spürt er auf, was ihn fasziniert: Omas altes Nähtischchen, die altmodische Blumenvase, eine ausgediente Holzkiste, einen Packen ausrangierter Stoffmuster, nutzlos gewordene Keksdosen - es sind gerade die, in die Jahre gekommenen Dinge, für die er ein Auge hat. Gegenstände, denen man ihr Alter ansieht, die nun abgenutzt oder fleckig sind, zur Seite gelegt und schließlich achtlos weggeworfen werden. Edgar Braig sichert solche Spuren einer zurückliegenden Zeit, Spuren, die an "früher", an "Kindheit" denken lassen oder eine Geschichte in sich zu tragen scheinen.

Doch begnügt er sich nicht mit einem Archiv des Gestern. Verklärende Rückschau ist nicht sein Ziel; der heilen Welt, die im spießigen Blumentischen oder der abgegriffenen Spiele-Sammlung aufscheint, entkommt er durch ironische Brechungen und bewusst belassene Schäbigkeit. Formale Schönheit, so Braigs Überzeugung, besitzen gerade auch karge und armselige Objekte. So gleitet die den Fundstücken innewohnende Poesie nie ins Niedliche ab, sie darf ihre Schmutzränder behalten.

Edgar Braig, o.T. (2009)
Edgar Braig, o.T. (2009)

Der Künstler kombiniert das einmal Gewählte mit anderen Materialen, ergänzt sie durch eigene, oft vermeintlich funktionale Vorrichtungen. Damit erschließt er den Dingen neue Zusammenhänge und Bezüge, wodurch sie über ihren ursprünglichen Kontakt hinausweisen. Dabei lenken die ersichtlich miteinander verschraubten, verdrahteten oder verschnürten Einzelteile den Blick auf die alte Tugend des sich Behelfens, auf das Ausbessern, Basteln, das Tüfteln und Erfinden. Braigs Schöpfungen - sie sind gleichermaßen geistesverwandt mit Leonardos technischen Visionen wie mit Daniel Düsentriebs verschrobenen Ideen. So entstehen unter seinen Händen kleinteilige, gelenkige Objekte, die häufig eine Mobilität oder einen Nutzen vortäuschen, der erst auf den zweiten Blick ad absurdum geführt wird.

Ob "Rollschuh-Lampe" oder "Fragment", - funktional sind sie letztlich nur auf eine Weise: Sie werden zu Vehikeln unserer Assoziationen. Denn so beweglich wie diese Bricolagen erscheinen, so fließend ist auch ihre Interpretierbarkeit. Zwar mögen viele der Einzelteile klar benennbar sein, in ihrer Zusammenstellung verweigern sie sich jeder eindeutigen Auslegung. Als grandiose Tüfteleien, die - fast zärtlich - vermeintlich Nutzlosem ihren Wert zurückgeben und doch augenzwinkernd daherkommen, loten sie Tragik und Idylle alles Heimeligen aus.
(Dr. Helga Gutbrod, Edwin Scharff Museum, Neu-Ulm)